Können Darmbakterien dick machen?

Können Darmbakterien dick machen?

©Victoria М – stock.adobe.com

Viele können essen was sie wollen und sie nehmen nicht zu, andere schauen ein Stück Torte nur an und haben es sofort auf den Hüften.

Einige Wissenschaftler machen nun unsere Darmbakterien dafür mitverantwortlich!
Dies hab ich mir zum Anlass genommen unser Mikrobiom, d.h. die Gesamtheit unserer Darmbakterien, mal genauer unter die Lupe zu nehmen.

Während meines Biologiestudiums hat mich die Welt der Bakterien schon immer fasziniert. Allein der Gedanke, dass in 1 gramm Kot 14 – mal so viel Bakterien sind, wie Menschen auf der Welt leben, ist kaum vorstellbar!

Viele können essen was sie wollen und sie nehmen nicht zu, andere schauen ein Stück Torte nur an und haben es sofort auf den Hüften.

Einige Wissenschaftler machen nun unsere Darmbakterien dafür mitverantwortlich!
Dies hab ich mir zum Anlass genommen unser Mikrobiom, d.h. die Gesamtheit unserer Darmbakterien, mal genauer unter die Lupe zu nehmen.

Während meines Biologiestudiums hat mich die Welt der Bakterien schon immer fasziniert. Allein der Gedanke, dass in 1 gramm Kot 14 – mal so viel Bakterien sind, wie Menschen auf der Welt leben, ist kaum vorstellbar!
Doch lange war das Wissen über unsere Freunde im Darm sehr begrenzt, da sich nur ein kleiner Teil (circa 30 –   40 %) in einer Kultur anzüchten und so im Stuhl nachweisen lassen, d.h. der größte Teil blieb lange vor der Forschung verborgen. Doch heute macht es die moderne Molekulargenetik durch DNA – Nachweise möglich, sich auch die restlichen 60 – 70 % der Bakterien im Darm anzuschauen – auch wenn man noch lange nicht alle erforscht hat.

Dabei ist man u. a. auf eine interessante Gruppe von Bakterien gestoßen, die Firmicutes. Diese Bakterien sind sehr gute „Kostverwerter“, d. h. sie haben die Fähigkeit Unverdauliches, wie Ballaststoffe, in Kohlenhydrate zu spalten und so dem Körper zugänglich zu machen. Das war in Zeiten von Hungersnöten eine fantastische Möglichkeit zum Überleben, wurde doch jedes noch so kleine Stückchen Nahrung, selbst Wurzeln und Unverdauliches dem Körper als Energiequelle zugänglich gemacht. Doch heute und gerade wenn man sowieso mit dem Übergewicht kämpft, ist das fatal – vor allem, wenn dann die Empfehlung lautet: „Essen sie möglichst ballaststoffreich!“

Die Idee hinter der ballaststoffreichen Ernährung ist vom Prinzip her gut – Ballaststoffe quellen im Darm auf und geben schnell ein „Sättigungsgefühl“, sind dann aber vom Körper nichts als Kalorienquelle verwertbar und werden unverdaut wieder ausgeschieden – sofern man einen niedrigen Firmicuten – Anteil im Darm hat. Denn ansonsten spalten diese Bakterien fleißig die Ballaststoffe in Kohlenhydrate auf und dann könnte man selbst von einem Schälchen Salat zunehmen.

Der Firmicuten – Anteil im Darm entscheidet also mit darüber, wie viele Kalorien aus der Nahrung der Körper verwertet. Diese Bakterien fand man übrigens auch bei der Gletscherleiche Ötzi, der damals als Jäger und Sammler selbst bei schmaler Kost seinen hohen Energieaufwand decken konnte.

Und tatsächlich gibt es einige spannende Untersuchungen, die die Auswirkung von „dickmachenden“ Darmbakterien eindrucksvoll zeigen.

Zum einen ist da die Untersuchung von Jeffrey Gordon, veröffentlicht 2006 in „Nature“ (An obesity-associated gut microbiome with increased capacity for energy harvest; Nature 444, 1027-1031 (21 December 2006) | doi:10.1038/nature05414; Received 8 October 2006; Accepted 7 November 2006).
Er beobachtete, dass bei Mäusen, die mit der gleichen Nahrung aufgezogen werden, einige übergewichtig sind und andere nicht. Also hat er den Kot der „dünnen“ und „dicken“ Mäuse entnommen, den Darm der Maus jeweils mit Antibiotika „keimfrei“ gemacht und dann den Kot der „dicken“ Maus in die dünne übertragen und umgekehrt. Bei Aufnahme von Nahrung zeigte sich tatsächlich, dass die dicke Maus plötzlich dünn wurde und die dünne an Gewicht zunahm.

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Quelle: Science 341 (6150): 1069-1070

Oder eine weitere Studie, veröffentlicht September 2013 in „Science“
(Gut Microbiota from Twins Discordant for Obesity Modulate Metabolism in Mice, Science 6 September 2013, Vol. 341 no. 6150 , DOI: 10.1126/science.1241214)
Hierbei entnahm man den Stuhl von menschlichen Zwillingen, wobei der eine Zwilling übergewichtig war und der andere schlank. Diesen Kot gab man wiederum in „keimfreie“ Mäuse und fütterte beide Mäusegruppen mit einer „Diät“ aus wenig Fett und einem hohen Anteil an ballaststoffreichen Nahrungsmitteln – tatsächlich nahmen die Mäuse, die den Kot aus den übergewichtigen Zwillingen erhalten hatten, zu und die, welche den Kot des schlanken Zwillings bekommen hatten, blieben schlank.

Dies sind nur zwei Studien, die eindrücklich zeigen, welchen Einfluss Darmbakterien auf unser Gewicht haben können.

Interessant ist hierbei auch ein Vergleich, den man in Amerika gemacht hat – das Vorkommen von Übergewicht ist in den Staaten besonders hoch, die ebenfalls einen hohen Einsatz von Antibiotika haben. Leider unterbleibt häufig heute immer noch der Einsatz eines Probiotikums während und nach der Antibiotika – Gabe, um das Mikrobiom zu schützen.

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Quelle: Science 341 (6150): 1069-1070

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Quelle: Science 341 (6150): 1069-1070

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Quelle: Science 341 (6150): 1069-1070

Doch was kann man tun, wenn man den Verdacht hat, dass man die Firmicuten als „freundliche“ Untermieter in seinem Darm hat?

Zu erst einmal sollte man durch eine molekulargenetische Stuhluntersuchung herausfinden, ob sich die Firmicuten im eigenen Stuhl nachweisen lassen.

Denn auch wenn die Firmicuten Übergewicht begünstigen können, sind sie jedoch nicht der einzige Grund für eine Gewichtszunahme. Hier sollte eine ausführliche Untersuchung und Diagnostik auf weitere Faktoren, wie Insulinresistenz, Schilddrüsenerkrankungen und andere Ursachen stattfinden

Hat man jedoch die Firmicuten nachweisen können, hilft eine Umstellung der Ernährung, sowie die Einnahme verschiedener Pre- und Probiotika, um einen „Verdrängungseffekt“ durch andere gute Bakterien zu erreichen.

Prebiotika sind Lebensmittelbestandteile, die das Wachstum bestimmter Bakterienarten in unserem Darm fördern. Man findet sie z. B. in Chicorée, Schwarzwurzeln oder auch gekochten und dann wieder erkühlten Kartoffeln.
Probiotika dagegen enthalten direkt die nützlichen Darmbakterien, wie z. B. Milchsäurebakterien. Besonders günstig sind hier fermentierte Lebensmittel, wie Sauerkraut, Kimchi – ein koreanisches sauervergorenes Chinakohl – Gericht oder auch Kombucha und Kokosnuss – Kefir.

Ganz wird man die Firmicuten wahrscheinlich nicht los werden, jedoch ist es möglich sie zu reduzieren, so dass sich auch ein positiver Effekt auf die Gewichtsabnahme zeigt. Dabei sollte man jedoch auch nicht vergessen, dass diese, heute auf den ersten Blick nachteilige Bakterien, unseren Vorfahren zu Zeiten von Hungersnöten sicherlich mehr als einmal des Leben gerettet haben – also durchaus ihre Berechtigung haben.

Oder wie ich in meinem Biologiestudium gelernt habe – Bakterien sind weder gut noch böse, jedoch zur falschen Zeit am falschen Ort können sie durchaus eine für den Menschen äußerst schädliche Wirkung haben.